Tantra und Ernährung
Immer wieder taucht bei Menschen, die sich mit Tantra beschäftigen, am Anfang ihrer Erfahrungen die Frage auf, welche Rolle beim Tantra die Ernährung spielt. Natürlich tritt diese Frage nur bei Menschen auf, die eine besondere Diät und nicht die übliche Mischkost zu sich nehmen.
Als besondere Diät zählt hierzu natürlich der gewöhnliche Vegetarismus, gleichgültig ob er als Rohkost oder gegart erscheint.
Tantra steht in direktem Widerspruch zu jedweder weltanschaulichen Diät und postuliert deshalb Fleisch, Fisch, berauschende Drogen, unanständige Gesten und Gebaren, sowie rohe Sexualität als die 5 (M´s im Sanskrit) Grundlagen des Tantra.
Das wird besonders deutlich im kulturellen Kontext Indiens, wo der Sex sowie das Tötungsverbot von Tieren und der Vegetarismus allgegenwärtig sind, als Dinge die man eben kulturell anständigerweise nicht tut. Tantra stammt aus dem indischen Kontinent.
Das impliziert somit auch ein absichtliches Töten von Opfertieren, nicht als Tötungsorgie sondern als heilige Zeremonie, ähnlich dem Osterlamm im Christentum. Im Weiteren impliziert es auch eine bewusste Handlungsweise, die durchaus zum Schächten als Tötungsmethode führt. Auch als ethischer Respekt vor dem Aushauch des Lebens aus dem Tier, welches der Tantriker selber zu vollziehen und darüber zu meditieren hat, bis das Leben aus dem Opfertier gewichen ist.
Der Gebrauch der 5 M`s für einen Tantriker ist in jedem Fall rituell zu verstehen, das heißt also für ein klassisches Tantraritual unabdingbar. Das sagt aber nicht, dass ein Tantriker sich zu anderen Zeiten außerhalb des Rituals ebenfalls an die 5 M Regel halten müsste, aber er kann es tun.
Das hängt davon ab in wie weit er sein übriges Leben ganz dem Tantra verschreibt, wie ein Mönch, oder sich nur zu rituellen Retreatzeiten daran bindet.
Hat jemand gesundheitliche Einschränkungen gegen eines der 5 M`s, also zum Beispiel eine hochgradige Fischallergie, so würde ihn das vom rituellen Vollzug ausnehmen. Im Diagonalvergleich wäre eine Allergie gegen den Austausch sexueller Säfte mit den Partnern eine ebenso sichere Ausschließung. Jedes der 5 M´s für sich ist sakrosankt.
Tantra fragt nicht nach der gesellschaftlichen Legalität einer Sache, sondern setzt voraus dass wir als gesunder (im Text: ganzer) Mensch rohes Fleisch und Fisch essen können, ebenso wie sensibilisierende Drogen zu uns nehmen und Sexualität jeder Art vollziehen können ohne innere Widerstände, oder äußere Verhinderungen.
Ein in der Tiefe dabei zu verstehender Umstand ist jener, dass Tantra eben keine Ausschlüsse macht.
Ohne Ausnahme sich mit jedem sexuell vereinigen zu können, ist das gleiche, wie ohne Ausnahme irgend ein Tier oder einen Fisch zu essen, ohne eine besondere Fischart auszuschließen zum Beispiel. Diese Nichtausschließung betrifft alle lebenden Wesen, ob Mann oder Frau, jung oder alt hässlich oder schön, dunkler Hautfarbe, oder weiß, gebildet oder ungebildet, religiös oder Angehöriger einer fremden Kultur oder Sprache, arm oder reich.
Im Tantra gelten die üblichen, Kultur bedingten Moralregeln nicht, also auch nicht die jeweiligen Familien- oder Verwandtschaftsbegriffe.
Dennoch respektiert das Tantra das Leben, tötet also keine Menschen oder fügt ihnen Schaden zu. Ein Tantriker führt keinen Krieg, es sei denn zur Selbstverteidigung, er beraubt niemanden seiner Freiheit und Unabhängigkeit in der freien Entscheidung.
Der Tantriker ist nicht am dinglichen Besitz orientiert, sondern an den immateriellen Werten wie der Bewusstheit. Als Mittel zum Zweck bedient er sich der sexuellen Energie, die jedem lebenden Wesen innewohnt, und maximiert diese Energie in großer Lusterfahrung in der Interaktion mit anderen Menschen zur eigenen maximalen Luststeigerung.
Seine Lebensmaxime ist nicht der Verzicht oder die Entsagung, sondern die Fülle und die Freunde an den Früchten der Welt (Elysische Früchte).
„Ohne Ausnahme sich mit jedem sexuell vereinigen zu können, ist das gleiche, wie ohne Ausnahme irgend ein Tier oder einen Fisch zu essen, ohne eine besondere Fischart auszuschließen zum Beispiel“. Bedeutet das, dass ich auch Hund und Katze verspeisen kann? Ist der Mensch zudem nicht auch ein Tier?
Der wesentliche Satz ist m. E. dieser: „dass Tantra eben keine Ausschlüsse macht“. Das heißt, man kann so leben und essen wie beschrieben, man muss es aber nicht. Man kann zum Beispiel auch Veganer sein und trotzdem Tantriker. Der wesentliche Punkt ist die Toleranz anderen gegenüber. Eigentlich sollte dies selbstverständlich sein.
Essen ist nebenbei auch auf äusserst tiefe Art und Weise politisch: Echte Anarchisten essen kaum Getreide
Ilan Stephani hat in ihrem Podcast vier Folgen zu Tantra und Ernährung, die wir auch empfehlen können.
Zu dem, was Andro hier darlegt, würde ich gerne noch hinzufügen, dass hier auch verständlich wird, warum die tantrischen Lehren und Praktiken weitgehend geheim gehalten werden/wurden, da es leicht ist, sich heraus zu picken, was man gerne befolgen möchte und sich dann als Tantrika bezeichnet. Tantrika sind in der Minderheit und leben in der Gesellschaft, die den Gesetzen des Staats unterworfen sind. Werden also die 5 M´s geübt, macht das schon für einige nötig, es im Geheimen auszuüben.
Als Schüler ist man auch hier angewiesen auf erfahrene Tantrika, die helfen Misverständnisse zu durchschauen, um nicht zur Gefahr für sich und Andere zu werden.
Für Menschen, die in ihrer Persönlichkeit große Leidenschaft empfinden, ist die Methode, sich sexueller Lusterfahrung in der Interaktion mit anderen Menschen zu bedienen, förderlich. Es gibt aber auch andere Zweige des Tantra. Da wird sexuelle Energie mit bestimmten yogischen Methoden genutzt, um Einheit von Körper, Rede und Geist zu erfahren.
Um verwirklichen zu können, was im letzten Satz gesagt wurde, ist sicherlich der eine oder andere Verzicht hilfreich. Entweder glaubt man auf dem Pfad zu sein (Hoffnung/Wunschdenken und Furcht inbegriffen), oder es passiert gerade jetzt. Mahamudra.
Sarva Mangalam
Ich stimme Andro, einem meiner Lebenslehrer, prinzipiell zu.
Rot unterstreichen würde ich den indischen Kontext.
Gern hinzufügen, daß übermäßiger Fleischkonsum sicher nicht im Sinne eines nach hoher Energiefluktuation strebenden Menschen ist. Ich habe mit Tantrikern stets einen sehr bewußten, sehr sparsamen Umgang mit Fleisch erlebt, nicht annähernd vergleichbar mit dem deutschen Grillorgienbürger.
Den Rückschluß vom erlaubten Töten ded Tieres auf das Tötungsverbot des Menschen empfinde ich logisch dennoch etwas inkonsequent – von buddhistischer Ethik beeinflußt – daß der „Tantriker das Leben respektiert und Menschen keinen Schaden zufügt.“
Daraus würde folgen, daß der Mensch natürlich, das Tier jedoch kein „Leben“ darstellt.
Genial finde ich die tantrische Idee und Praxis, Sexualität mit allen teilen zu können.
Dies ist freilich der größte Tabubruch aller Zeiten und für Normalsterbliche allermeist nicht nachvollziehbar.
Humans are also food
That’s how it was designed by nature, what is not part of nature is encarcerated animals for slaughter. Encarcerated animal treatment has improved but needs improving much more. Over killing only to stock up supermarkets only for them to dispose of its products by the tones on a regular basis ought to be made illegal, which calls for a whole other discussion.
Humans eating meat, how much of it can actually be made a moral or spiritual issue as humans are also meat to any animal. We are plants too we are all food this is how planet earth has been designed it recycles itself it does so for its own existence.
Much love
Namaste
Verah
UK
EX VIGAN VEGITARIAN ( no longer after 20 years due to health reasons, my body cells require meet to live healthy.)
Schade, bis hier hin hatte ich ernsthaft überlegt, mich für einen Kurs anzumelden. In „Tantra der Liebe“ steht eindeutig, dass es dem Tantriker ganz selbst überlassen ist, was er isst und Sie selbst sagen, dass das Tantra nichts ausschließt. Also wieso sollte Tantra eine gewaltfreie Ernährung ausschließen und: wird das Tier, das hier verspeist wird, rituell getötet?
Ich glaube nicht, dass jemand der „bis hier hin ernsthaft überlegt hat sich für einen Kurs anzumelden“ sich deswegen nicht anmeldet. Das wirkt auf mich etwas wie Veganismusaktivismus. Es wird auch keiner kontrollieren, was man isst. 🙂
Ich sehe das wie Sylvia. Persönlich esse ich zwar auch (wenig) Fleisch. So wie im Artikel geschrieben klingt das sehr konstruiund überhaupt nicht überzeugend hergeleitet. Es macht das tantrische Leben wie es für manche eine große Bedeutung hat eher lächerlich und wirft einen Schatten auf Andro. Klingt eher, als mochte er halt Fisch und Fleisch und hat sich das irgendwie herbeiargumentiert.
Übrigens ist mein Eindruck von Aufenthalten von Indien, dass die meisten Menschen vegan leben und nur Reiche auch Fleisch konsumieren. Fisch gibt es sehr wenig.
Das von Sylvia als Aktivismus abzutun wie durch Carsten ist unreflektiert. Sich mit der Tötung von Tieren kritisch auseinanderzusetzen ist ethisch ersteinmal (gerade auch in buddhistischen Montext) absolut redlich.
Naja. Ich kann nur von mir sprechen. Und für mich passt der egal-wer-Ansatz halt überhaupt nicht. Sex mit Männern gibt mir NULL. Ab einer gewissen, allgemein als ungesund eingestuften Gewichtsklasse (in beide Richtungen) gilt dasselbe. Mit dem Geschmack von Fisch kann ich weniger als nix anfangen.
Leider.
Ja, is ja toll für euch, wenn Andro und Konsorten für sich in Anspruch nehmen, dass sie über solche Kleinigkeiten hinwegsehen, aber nach 20 Jahren diverser tantrischer Erfahrung weiß ich, dass das für mich alles Andere als vernachlässigbar ist. Und daher passe ich auch in keinen Tantra-Workshop von Diamond Lotus.
Psychische Grenzen sind wie Mauern. Andro sagt, renn einfach drauflos, das Ding kracht schon ein. Andere schauen erstmal, ob da nicht vielleicht eine Tür ist. Und wenn die auch nach mehreren hartnäckigen Versuchen nicht aufgeht, dann ist mein Weg offenbar ein anderer.