Die Sinnenlust, also auch die Sexualität wurde in der ersten Befreiung der Gesellschaft, der Französischen Revolution nicht gesondert benannt, sondern fand ihren selbstverständlichen Platz unter dem Begriff Freiheit, neben Gleichheit und Brüderlichkeit, was in der folgenden Zeit der westlichen Welt zu der erweiterten Charta der Menschenrechte geführt hat.
Dieser Katalog von Menschenrechten, zu recht die Essenz eines humanitären Anspruches, enthält nun leider keineswegs ein Recht auf sexuelle Erfüllung, oder Befriedigung der Sinne, wie wohl er dennoch einen Anspruch auf Ganzheitlichkeit und Gesundheit des Menschen impliziert.
Betrachten wir den Menschen als eine harmonische Funktionseinheit von Physis und Emotio, sowie Ratio, (Verstand), dann ist leicht zu verstehen, dass eine Störung dieser Harmonie zu einem Ungleichgewicht der Funktionen und letztlich zu Krankheiten führt.
Ein kranker Körper beherbergt keinen gesunden Geist und Seele, wenngleich der kognitive Verstand auch in einem kranken Körper zu exorbitanten Spitzenleistung in einem engen Spezialgebiet in der Lage sein kann. Eine kranke Seele, wird auch einen geschädigten Körper und verzerrten Geist haben und ein kranker Geist hat vielleicht einen relativ robusten Körper, aber eine kranke Seele.
Unsere Vorstellung von Gesundheit ist im Wesentlichen noch immer geprägt von der Definition, der Abwesenheit von Krankheiten und nicht von der Vollkommenheit der Funktionskreise. Natürlich können sie mit einem Auto fahren bei dem die Bremsen nicht funktionieren, solange sie nicht bremsen müssen und um zu Parken braucht der Motor nicht zu funktionieren, das heißt aber nicht dass ihr Auto in Ordnung ist.
Natürlich kann ein Mensch auf seine Sexualität freiwillig verzichten, ebenso gut wie sie mit fehlender Beleuchtung ihres Autos sich entscheiden können eben nachts nicht zu fahren, dennoch wird in der Gesamtheit des harmonischen Gleichgewichtes bei fehlender Sexualität eine Deformation der Gesamtheit eintreten, auf allen drei Ebenen des Körpers, der Seele und des Geistes.
Die in den zwanziger Jahren aufgestellte Theorie, (Sublimationstheorie) dass ein unbefriedigt bleibender Trieb an anderer Stelle eine produktive Verstärkung entfalten würde hat sich als Unsinn heraus gestellt.
Erst durch die wissenschaftlichen Arbeiten eines Sigmund Freud hat in unser Weltbild die Sexualität als feststehende Größe Einzug gehalten, wenn gleich sie bis heute noch nicht von dem Odium des Bösen befreit ist, eher als eine schreckliche Unvermeidbarkeit toleriert wird, da das mosaisch christliche Verdi kt der Erbsünde bis heute eine unverrückbare Größe geblieben ist.
Im Zusammenhang der Ganzheit des Menschen transplantieren wir heute Organe ganz selbstverständlich als Leben erhaltende Maßnahme, aber kaum einen Penis um Lust und Sexualität erhaltende Maßnahme, wobei eine solche Transplantation chirurgisch viel unkomplizierter ist als eine Herztransplantation, (bisher weltweit erst einmal in China praktiziert).
Die Lust wird immer noch viel mehr als eine verzichtbare Privatsache angesehen als zum Beispiel ein Organversagen.
Über das private Wohlergehen hinaus wirkt sich eine gesellschaftlich repressiv unterdrückte Sexualität und Lust jedoch auch auf die Gesamtheit einer Gesellschaft aus, was sozialpolitisch längst erwiesen ist und an religiös fundamentalistischen Strömungen zu gemeingefährlichen, ja terroristischen Tendenzen führt.
Die sinnliche Sexualität als Heilmittel wurde schon in den zwanziger Jahren von einem norwegischen Arzt in der Gemeinschaft um den Berg Ascona propagiert.
In unserem heutigen medizinischen Heil- und Pflegebereich ist sie jedoch noch immer tabuisiert, wenngleich ihr förderlicher Einfluss von Niemandem mehr in Frage gestellt wird, wird sie dennoch weiterhin nur im privaten, oder halb kriminellen Rahmen praktiziert. Jeder Praktiker dessen kann noch immer, wie weiland Wilhelm Reich, öffentlich denunziert und kriminalisiert werden. Was dazu führt, dass selbst die Reichianische Gesellschaft Berührungsängste zu meiner Arbeit hat.
Aus meiner umfangreichen Familientradition heraus über knapp ein Jahrhundert, mit Freikörperkultur, Yoga, ganzheitlich alternativer Medizin und der Auflösung stereotyper Moralvorstellungen und dem Engagement in alternative Bildungswege und der Kunst, habe ich vor dreißig Jahren die inzwischen weithin bekannte Tantramassage als sinnlich erotische Behandlung des Menschen entwickelt und vor zehn Jahren schließlich die Tantrische Sexualtherapie als ein psychotherapeutisches Verfahren, auch als TKPT bekannt.
Diese Methode ist eine direktive Therapie.
Sie lässt den Betroffenen nicht allein im privaten Umfeld ohne Supervision experimentieren, sondern begleitet ihn – Patienten zentriert- ins direkte Erleben seiner Sinnlichkeit und in die analytisch psychologische Aufarbeitung hinein zu einem entwicklungsbezogenen Internalisieren und Verändern seines Verhaltens.
Ich praktiziere diese Methoden im Verlauf von 32 Jahren erfolgreich an Hunderten von Menschen in unserem international bekannten Therapieinstitut ANTINOUS/DIAMOND-LOTUS, sowie dem TAOASIS in Brasilien und bilde auch jährlich mehrere Therapeuten in diesen Methoden aus.
Unglückliche und gestörte Menschen erleben bei diesen körpertherapeutischen Behandlungen relativ bald eine beglückende Veränderung ihres Befindens und Empfindens, als auch eine gravierende Veränderung ihres äußeren Erscheinungsbildes.
Die Klimax der Sinneserfahrungen im ganzkörperlichen Orgasmus ist nicht länger ein Fremdwort, sondern wird zu einer, die Persönlichkeit tief verändernde, wiederholbaren Konstante im Leben, wenngleich sie für manche in fortgeschrittenem Alter das bisher gelebte Leben revolutionierend, als beunruhigend empfunden werden kann.
Ich habe unzählige Frauen in meinen Behandlungen Glückstränen vergießen sehen, endlich ein lebenswertes Gefühl erfahren zu haben und weiterhin erfahren zu können, die gleichzeitig aber auch ein tiefes Bedauern ausdrückten oftmals ein halbes Leben ohne dem verschenkt gehabt zu haben und keineswegs mehr eine genauso große Strecke in der Zukunft zu erwarten steht, in einem Alter von manchmal weit über fünfzig Lebensjahren.
Eine solche Therapie erfordert von dem Therapeuten neben einem fundierten Wissen über Psychologie und Sexualität ein persönlich tiefes sich Einlassen auf die Patienten, das nicht wie in der klassischen Psychotherapie kognitiv distanziert hinter der intimen Körperbarriere stehen bleibt. Du bist mit deinem Patienten verbunden wie ein Geliebter mit seiner Geliebten. Kannst du deinen Patienten nicht lieben, verachtest ihn womöglich sogar, oder ekelst dich vor ihm, kannst du ihn auch nicht therapieren, wie immer professionell du dich verstellen magst. Das Herz deines Patienten entzieht sich einer heilsamen Symbiose mit dir zu recht, du kannst deinen Patienten nicht erreichen, und er seinerseits versteckt sich vor deinen hilflosen Bemühungen, die ihn doch nicht wirklich meinen.
So ergeht es täglich unzähligen professionellen Psychotherapeuten, bis sie selber therapiebedürftig werden und den Beruf aufgeben. Davon habe ich in Jahrzehnten nicht wenige in Behandlung gehabt.
Diese Nähe, ja Liebe, zu deinem Patienten bürdet dir eine hohe Verantwortung auf, sein Bestes und nicht dein Bestes zu erlangen und du kannst dich aus dieser menschlichen Verpflichtung auch nicht vor der Zeit einer persönlichen Reifung deines Patienten entziehen, weil du keine Geduld oder Zeit mehr für ihn hast.
Die Schutzbehauptung professioneller Helfer: „Wenn ich mich auf die Katastrophen, meiner Patienten einließe, würde ich daran zerbrechen,“ zeigt nur dass sie selber für die menschliche Misere ihrer Patienten gar keine Lösung haben.
Das Verhältnis Patient und Therapeut ist für mich per definitionem das selbe wie bei Sokrates, ein Verhältnis zwischen liebendem Lehrer und geliebten Schüler, wobei das Geschlecht des Schülers keine Rolle spielt.
Wer sollte dem Patienten ein lebendes Vorbild sein außer dir, seinem Therapeuten, anderen falls versuchten zwei Blinde den Weg zu finden.
Die vorgebrachte Behauptung, dass durch eine so tiefe Nähe die entstandene Anhaftung nicht mehr zu lösen wäre ohne Schaden zu verursachen, zeigt nur wie wenig die klassische Psychotherapie in die sexuellen menschlichen Entwicklungsschritte forschend eingedrungen ist, was sie nicht konnte, da sie sich selber einen erkenntnistheoretischen Keuschheitsgürtel umgelegt hat, sich nicht in die intim, sexuell, libidinöse Erfahrungen ein zu lassen, also auch gar keine wirkliche wissenschaftliche Forschung in diesem Feld hat betreiben können und sich allenfalls aus mündlichen Berichten und unkörperlichen Befragungen etwa so verhielt, wie im Höhlengleichnis Platons die Wirklichkeit am Schatten an der Höhlenwand deuten zu wollen.
Ablösung von Anhaftung geschieht ganz von allein dann, wenn das Erkrankte geheilt ist, gewissermaßen wie eine Frucht die reif vom Baum fällt.
Eine defizitäre Psyche muss so lange gefüttert werden bis sie satt ist. Eine noch unreife Persönlichkeit mag am Fütternden selbst dann noch anhaften, wenn sie gesättigt ist, so lange sie nicht erkannt hat, dass sie selbst verantwortlich für ihre Ernährung sorgen kann und frei ist sich Nahrung zu suchen wo immer sie will.
Dies ist ein ganz natürlicher Ablösungsprozess wie es jedes Kind in seiner Entwicklung durchmacht, wenn es sich von der nährenden Mutter löst und selbstständig wird. An derlei gelungener Ablösung und Befreiung von Abhängigkeit fehlt es der überwiegenden Mehrheit der Patienten in ihrer eigenen Entwicklungsgeschichte. Das ist keine unverrückbare Tatsache, sondern ein Ansporn zum Nachlernen, das in vivo und nicht in vitro zu tun ist.
Daher habe ich als Therapeut zu meinen Patienten keinerlei Grenzen mich ein zu lassen, nur so können sie mich und meine Lehre auch wirklich begreifen im wahrsten Sinne des Wortes. Man kann Gefühle nicht theoretisch erleben, sondern nur konkret. Gäbe es dieses konkrete Gefühlserlebnis nicht befände sich der Psychotherapeut wie ein Chirurg am Operationstisch ohne Messer.
Selbstredend kann ich so therapierend nicht viele Patienten pro Tag behandeln, wie es in einer klassischen Psychotherapiepraxis der Fall ist, durch die Masse ist allein schon jeder Erfolg verhindert, und obwohl durch die direktive Körpertherapie schnelle Erfolge erzielt werden können zieht sich eine weiter begleitende Therapie oft über Jahre hin, da die ersten Erfolge nur Zwischenschritte sind, hin zu einer wirklichen Befreiung der Person von abhängig machenden Substituten.
Die von mir entwickelten Tantramassagen mit Genitalmassagen, Analmassagen, Oralerfahrungen und Zwiegesprächen mit den Organen sind nur einzelne praktische Erfahrungsschritte im weiten Feld der orgasmischen Sexualität und stammen nicht etwa aus Amerika von Joe Kramer oder Annie Sprinkle, wie gern kolportiert, um ausländische Autorität zu suggerieren, sondern sind schon in den siebziger Jahren von mir in Berlin entwickelt worden, bevor sie von den Zitierten bei mir in den achtziger Jahren persönlich kennen gelernt wurden und in ihre eigene Arbeit integriert wurden. Diese sexualtherapeutischen Formen haben durch die Verbreitung meiner Seminararbeit mit Tantra, und auch durch Schüler und Nachahmer, wozu ich getrost auch Margo Anand und Aman Schröter zähle, da sie zur Zeit meiner Praxisaufnahme damit selber noch gar nicht therapeutisch gearbeitet hatten oder noch Kinder waren.
Der tiefere Hintergrund meiner Arbeit ist Tantra, wenngleich die einzelnen therapeutischen Schritte selber nicht Tantra genannt werden können, was oft verwechselt wird, ist Tantra doch die Befreiung der Sexualität und jedweder Sinnlichkeit, aus den Zwängen von Beziehung, Tradition und Moral, die Befreiung der Lust aus dem triebhaft kurzsichtigen Umstand der Fortpflanzung hin zu einer energetischen Erleuchtung und Durchleuchtung des menschlichen Seins schlechthin.
Im Verlauf der letzten drei Jahrzehnte hat das Angebot mit Tantra sprunghaft zugenommen, da sich mit dem Versprechen einer besseren Sexualität leicht Geld verdienen lässt, besonders dann, wenn man die Grenze der Keuschheit beachtet und damit die Hemmschwelle der Betroffenen soweit gesenkt ist, dass damit kaum ein Erfolg zu erzielen sein wird, allerdings auch ein lernfähiger Misserfolg vermieden ist.
Dass ich mit dieser untabuisierten Arbeit an dem göttlichen Geschöpf Mensch statt Achtung eher Verachtung erntete hängt mit der unfreien und tabuisierten Verfassung der Beurteilenden zusammen, wofür nicht ich mich, sondern jene sich zu entschuldigen hätten und ich stehe noch heute für Jeden der sein sinnliches Leben zum Besseren wenden will zur Verfügung, in Deutschland wie in Brasilien auf unserer Insel.
Taoasis Brasilien den 24. November 2010
ANDRO